Dieser knüpft eine Reihe kumulativ zu erfüllender Voraussetzungen an eine solche Durchsuchung, nämlich (i) dass diese Durchsuchung für den Schutz des Betriebsvermögens oder des Vermögens anderer Arbeitnehmer des Unternehmens notwendig ist; (ii) dass sie innerhalb des Betriebs und während der Arbeitszeit erfolgt; (iii) dass dabei Würde und Privatsphäre des Arbeitnehmers weitmöglichst respektiert werden; und (iv) dass, wenn möglich, ein gesetzlicher Arbeitnehmervertreter oder ggf. ein anderer Arbeitnehmer des Unternehmens bei der Durchsuchung anwesend ist.
Diese letzte Voraussetzung war kürzlich Kernpunkt eines Urteils des spanischen Obersten Gerichtshofs (Tribunal Supremo, TS). Dieser nahm den nachfolgend dargestellten Fall zum Anlass, um in seinem Urteil 874/2024 vom 5. Juni 2024 an diese Voraussetzung zu erinnern und ihren Umfang zu definieren.
Dem Urteil lag folgender Fall zu Grunde: Die Klägerin (Arbeitnehmerin) beendete ihren Arbeitstag und bereitete sich darauf vor, ihren Arbeitsplatz (Kaufhaus) durch den Personalausgang zu verlassen. Als sie die EAS-Antennen passierte, ertönte ein Alarm und sie wurde vom Sicherheitspersonal zur entsprechenden Kontrolle aufgefordert.
Dabei stellte das Sicherheitspersonal fest, dass die Arbeitnehmerin in ihrer Handtasche vier Waren im Gesamtwert von 8,72 € mit sich führte, die im Kaufhaus zum Verkauf standen und die sie nicht bezahlt hatte. Die Arbeitnehmerin wurde zur Vorlage der Kaufbelege aufgefordert, kam dem jedoch nicht nach. Das Unternehmen gab zunächst der Gewerkschaft, der die Arbeitnehmerin angehörte, die Möglichkeit zur Anhörung und überreichte der Arbeitnehmerin anschließend ihre verhaltensbedingte Kündigung.
Die Arbeitnehmerin focht die Kündigung an. Das Arbeits- und Sozialgericht Nr. 3 von Huelva wies die Klage jedoch am 20. Oktober 2020 ab und erklärte die Entlassung für zulässig, weshalb der Arbeitnehmerin kein Abfindungsanspruch und auch keine Gehaltszahlung für die Bearbeitungszeit der Klage zustünden.
Dagegen legte die Arbeitnehmerin eine Rechtsbeschwerde (recurso de suplicación) vor dem Obersten Gerichtshof von Andalusien (Tribunal Superior de Justicia de Andalucía) in Sevilla ein. Dieser gab der Rechtsbeschwerde in seinem Urteil 2859/2022 vom 26. Oktober 2022 statt, hob die Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts auf, erklärte die Entlassung für nichtig und verurteilte den Arbeitgeber zur sofortigen Wiedereinstellung der Arbeitnehmerin und Zahlung des seit der Entlassung nicht gezahlten Gehalts.
In seinem Urteil argumentierte das Gericht, dass die Durchsuchung der Tasche der Arbeitnehmerin ohne Anwesenheit eines anderen Arbeitnehmers oder eines Arbeitnehmervertreters erfolgt sei und daher keine Beweiskraft für die Beurteilung der Gültigkeit der Kündigung hätte.
In diesem Urteil wurde ferner die Existenz eines wirtschaftlichen Schadens verneint und die Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmerin sowie ihre persönlichen Umstände berücksichtigt.
Der Arbeitgeber legte gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde (recurso de casación) mit Antrag auf Vereinheitlichung der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Verletzung des Artikels 18 ET ein.
In seiner Kassationsbeschwerde argumentierte der Arbeitgeber, dass es keine „Durchsuchung“ der Sachen der Arbeitnehmerin gegeben habe. Vielmehr sei der Diebstahlalarm ausgelöst worden und die Arbeitnehmerin habe sich aus eigenem Willen bereit erklärt, den Inhalt ihrer Tasche zu zeigen. Er stützte seine Ausführungen auf ein Urteil, dem der gleiche Sachverhalt mit gleichen Argumenten und Rechtsgründen zu Grunde lag, allerdings mit einem gegensätzlichen Urteilstenor. Denn darin wurde argumentiert, dass die Freiwilligkeit der Kontrolle und die Aussagen bewiesen, dass die Nicht-Anwesenheit eines gesetzlichen Vertreters bei der einvernehmlichen Durchsuchung die Gültigkeit der Beweise nicht beeinträchtigte, weshalb in diesem Urteil die verhaltensbedingte Kündig für statthaft erklärt wurde.
Die strittige Frage, die der Kassationsbeschwerde zu Grunde lag, war somit, ob die Durchsuchung der Handtasche der Angestellten aufgrund des ausgelösten Diebstahlalarms an ihrem Arbeitsplatz und ohne Anwesenheit eines gesetzlichen Arbeitnehmervertreters oder ein anderer Arbeitnehmer rechtswidrig war.
Diese strittige Frage hat der spanische Oberste Gerichtshof in seinem Urteil 874/2024 am 5. Juni 2024 beigelegt. Das Gericht unterstrich, dass die Durchsuchung der Tasche der Arbeitnehmerin nicht von einem Angestellten des Unternehmens, sondern von einem Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienstes, der vom Kaufhaus beauftragt worden war, vorgenommen worden sei. Zwar dürfe Sicherheitspersonal gemäß den auf sie anwendbaren Vorschriften Durchsuchungen („erforderliche Überprüfungen“) grundsätzlich vornehmen, aber dieses Outsourcing hebe nicht die von Artikel 18 ET geforderten Garantien auf.
Dieser Artikel 18 ET sehe eine Garantie für Objektivität und Kraft der Beweise vor, in Form der Anwesenheit eines Dritten, bei dem es sich weder um den Arbeitgeber noch den betroffenen Arbeitnehmer handelte. Dieser könne ein gesetzlicher Arbeitnehmervertreter oder auch ein anderer Arbeitnehmer des Unternehmens sein.
Der Arbeitgeber habe zu keinem Zeitpunkt einen Grund vorgebracht, der die Durchsuchung ohne Anwesenheit eines gesetzlichen Arbeitnehmervertreters oder anderen Mitarbeiters rechtfertigte. Wie dem Wortlaut des Artikels 18 ET zu entnehmen sei, sei diese Anwesenheit immer dann zwingend, „wenn diese möglich ist“, d.h. sofern ihr kein rechtfertigendes Hindernis im Weg stehe.
Das Versäumnis des Arbeitgebers bzw. in diesem Fall des Mitarbeiters des Sicherheitsdienstes, der vom Arbeitgeber (extern) beauftragt worden war, habe dem Beweismittel (der Durchsuchung) die Beweiskraft für eine Klassifizierung der Entlassung als zulässig entzogen. Daher wies der spanische Oberste Gerichtshof die Kassationsbeschwerde ab und bestätigte damit das Urteil des Obersten Gerichtshofs von Andalusien, der die Kündigung für nichtig erklärt hatte.
Grundsätzlich hätte die Unzulässigkeit der Durchsuchung als Nachweis für die Begründetheit der Entlassung dazu geführt, dass diese Entlassung als unzulässig (improcedente) eingestuft worden wäre. Nach spanischem Arbeitsrecht könnte der Arbeitgeber dann entscheiden, den betreffenden Arbeitnehmer wieder einzustellen oder ihm eine Entschädigung aufgrund unzulässiger Kündigung zu zahlen. Allerdings handelte es sich im vorliegenden Fall um eine Arbeitnehmerin, die zur Erziehung ihres Kindes in Teilzeit tätig war. Da Artikel 55.5.b) ET die Entlassung von Arbeitnehmern in diesen Umständen (sowie in anderen Fällen) an strenge Voraussetzungen knüpft, wurde die Entlassung als nichtig (nulo) eingestuft, was den Arbeitgeber zur Wiedereinstellung der Arbeitnehmerin verpflichtete.