Erfolgreich Investieren in Spanien nach Corona

Veröffentlicht am 08.07.2020

Das Klima für Investitionen in Spanien ist und bleibt gut. Trotz einer Fülle von Notstandsregelungen in den vergangenen Monaten lassen sich die Intentionen des Gesetzgebers gut einschätzen und bestimmte Branchen profitieren von den nach europäischem Maßstab nach wie vor niedrigen Gehältern und der Anziehung, die gerade einige der spanischen Großstädte auf junge Talente ausüben. Dies führt wiederum zu einem höheren Ausbildungsniveau der verfügbaren Arbeitskräfte bei einem für Unternehmer vergleichsweise attraktiven Arbeitsrecht. Auch die politische Lage hat sich stabilisiert, da es nach mehreren Neuwahlen in den vergangenen Jahren endlich eine Regierung gibt, wobei abzuwarten sein wird, wie die neue Koalition Unternehmer unterstützt.

Nadja Vietz Abogada / Rechtsanwältin / Attorney (WA) +34 93 487 58 94

Investoren müssen derzeit dennoch genau prüfen, welche Schritte erforderlich sind. Im Zuge der Gesundheitskrise hatte der spanische Gesetzgeber neue strengere Regelungen für ausländische Investitionen in Spanien erlassen, die bestimmte Investitionen von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen. Der Beitrag beschäftigt sich mit den Details des neuen Rechts und beleuchtet mögliche Auswirkungen in der Praxis.

Bisherige Rechtslage seit 2003

Der bisherige rechtliche Rahmen für ausländische Direktinvestitionen in Spanien wurde durch das Gesetz 19/2003, vom 4. Juli 2003, geregelt. Das Gesetz sah ein Modell der Marktöffnung für ausländische Investitionen in Spanien vor mit der Möglichkeit der spanischen Regierung, diese Liberalisierung für bestimmte Investitionen auszusetzen. Diese Befugnis der Einschränkung war jedoch nur für solche ausländische Investitionen möglich, welche (i) im Zusammenhang mit der Ausübung der öffentlichen Gewalt stehen, (ii) einen direkten Bezug zur nationalen Sicherheit aufwiesen oder (iii) zumindest potenziell die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die öffentliche Gesundheit beeinträchtigen könnten.

Diese Rechtslage ermöglichte – außerhalb des Verteidigungssektors, in dem ausländische Investitionen von einer vorherigen Genehmigung abhängig waren – unbeschränkte ausländische Investitionen in Spanien mit einer nachträglichen Meldepflicht zu statistischen Zwecken, wobei allein die branchenspezifischen gesetzlichen Rahmenbedingungen einzuhalten waren.

Die Gesundheitskrise und die Verschärfung der gesetzlichen Regelungen

In dem Bündel von Notmaßnahmen zur Eindämmung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19 Pandemie und der hierdurch ausgelösten Gesundheitskrise findet sich auch die Änderung des bisher geltenden Investitionsrechts mit dem königlichen Gesetzes-Dekret 08/2020, vom 17. März („RD 08/2020“). Dieses setzt das bisherige liberale Investitionsrecht für bestimmte ausländische Investitionen aus und macht die betroffenen Investitionen von einer vorherigen Genehmigung abhängig.

In der Gesetzesbegründung heißt es, dass die mit der Gesundheitskrise einhergehende wirtschaftliche Krise eine Bedrohung für spanische Unternehmen darstelle, die sich Übernahmeversuchen ausländischer Investoren ausgesetzt sähen. Dies mache eine besondere, vorhergehende Kontrolle ausländischer Investitionen in Spanien dringend erforderlich.

Mit dem kurz darauf erlassenen königlichen Gesetzes-Dekret 11/2020 vom 31. März 2020 („RD 11/2020“) wurden die Regelungen durch noch spezifischere Begriffsdefinitionen und neue Übergangsregelungen für bereits laufende bzw. Transaktionen mit geringem Volumen ausdifferenziert und erweitert.

Systematik des Anwendungsbereichs

Die neuen Regelungen für ausländische Investitionen in Spanien finden auf Transaktionen Anwendung, die kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • es handelt sich um eine ausländische Direktinvestition in Spanien im Sinne des ersten Absatzes des Artikel 7 bis; und
  • die Investition findet (a) in einem der in Absatz 2 genannten Sektoren oder (b) auf Veranlassung eines der in Absatz 3 genannten Subjekte statt.

Zentral für die Bestimmung des Geltungsbereichs ist der Begriff der ausländischen Direktinvestition in Spanien (s.u.). Zusätzlich kommt es jedoch darauf an, dass eine solche Investition in einem der enumerativ genannten Bereiche oder von bestimmten Akteuren durchgeführt wird.

Es ist jedoch zu beachten, dass die neue Regelung des Investitionsrechts die Befugnis der Regierung vorsieht, das Genehmigungserfordernis auf weitere Sektoren und auf Investitionen von anderen als den in Absatz 3 genannten Akteuren zu erweitern, wenn diese die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die öffentliche Gesundheit beeinträchtigen könnten.

Der Begriff der ausländischen Direktinvestition in Spanien

Im Sinne der neuen Regelung wird die ausländische Direktinvestition anhand von zwei Kriterien ddefiniert:

  • Ausländereigenschaft des Investors (subjektives Element); und
  • Ergebnis der Transaktion, d.h. beherrschender Einfluss auf eine spanische Gesellschaft aufgrund eines Anteils am Unternehmen von mehr als 10% oder sonstiger faktischer Kontrolle (objektives Element).

Subjektives Kriterium: Ausländischer Investor

Als Ausländer im Sinne der Regelung gelten:

  • (natürliche und juristische) Personen mit (Wohn-)Sitz in Staaten außerhalb der EU oder des EWR; sowie
  • juristische Personen mit Sitz in der EU oder im EWR, deren wirtschaftlich Begünstigter außerhalb der EU oder des EWR seinen Sitz hat.

Im Hinblick auf das erste Kriterium gilt: Nicht nur Investitionen aus Drittstaaten, sondern auch solche von juristischen Personen mit Sitz außerhalb der EU und des EWR, deren wirtschaftlich Begünstigter allerdings seinen Sitz in der EU hat, werden durch die Regelung von einer vorherigen Genehmigung abhängig gemacht.

Auch das zweite Kriterium der Definition erweist sich auf zweiten Blick als sehr weitgehend. Geleitet von dem Bestreben, die Umgehung des Genehmigungserfordernisses durch die schlichte Gründung einer Tochtergesellschaft in der EU zu verhindern, umfasst die Regelung eine Vielzahl von Investitionen, auch solche, die auf wirtschaftlicher Vernunft beruhen.

Obwohl wohl nur vereinzelt in der EU ansässige Gesellschaften – mit wirtschaftlich Begünstigtem aus einem Drittstaat – in Spanien investieren, um das Genehmigungserfordernis zu umgehen, werden solche EU-Investitionen insgesamt durch die vorgeschaltete Kontrolle erschwert. Dies bedeutet eine nicht unerhebliche Einschränkung des freien Kapitalverkehrs im Binnenmarkt, was mit europäischen Grundsätzen unvereinbar sein dürfte.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es – wie oben gezeigt – gerade nicht auf die Staatsangehörigkeit des Investors bzw. wirtschaftlich Begünstigten ankommt.

Objektives Kriterium: Qualifizierte Investition

Das zweite Element der ausländischen Direktinvestition in Spanien – und damit der Anwendungsbereich des Genehmigungserfordernisses – ist gegeben, sofern der Investor (i) Kapitalanteile von 10 % oder mehr einer spanischen Gesellschaft hält oder (ii) in sonstiger Weise wirksam an der Geschäftsführung oder Kontrolle einer solchen Gesellschaft teilnimmt.

Die Norm unterscheidet dabei nicht zwischen börsennotierten und nicht gelisteten Unternehmen und findet folglich auf beide Fälle Anwendung.

Hinsichtlich des zweiten Teils der Definition ist besonders darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Kontrolle über ein spanisches Unternehmen nicht erforderlich ist. Vielmehr reicht die „wirksame Teilnahme“ an der Geschäftsführung oder Kontrolle bereits aus.

Besondere Aufmerksamkeit verdient an dieser Stelle auch folgende praxisrelevante Konstellation, die im Lichte der neuen Regelung Fragen aufwirft:

In der Praxis finden ausländische Investitionen nicht nur durch Beteiligungen an bestehenden spanischen Unternehmen statt. Ob jedoch auch Investitionen in Form der Gründung eines neuen Unternehmens in Spanien – sog. greenfield Investitionen – von der neuen Regelung umfasst sind, ergibt sich nicht eindeutig aus dem Wortlaut.

Aus unserer Sicht sprechen gute Gründe dafür, dass solche greenfield Investitionen im spanischen Recht nicht in den Geltungsbereich der neuen Investitionskontrolle für ausländische Investitionen fallen: In seiner Zielsetzung ist die neue Regelung darauf ausgelegt, missbräuchliche Investitionen unter Ausnutzung der Wirtschaftskrise zu verhindern. Greenfield Investitionen sind ihrem Wesen nach dazu kaum geeignet, da sie gegenüber bereits etablierten Konkurrenten auf dem neuen Markt in der Regel im Nachteil sind und vordergründig Innovationen fördern.

Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass die spanischen Behörden hier eine weite Auslegung vornehmen, so dass auch für greenfield Investitionen in Spanien eine vorherige Genehmigung erforderlich sein könnte.

Genehmigungserfordernis für Investitionen in bestimmte Sektoren

Allein das Vorliegen einer ausländischen Direktinvestition in Spanien macht die Genehmigung jedoch noch nicht erforderlich. Vielmehr werden explizit die Sektoren aufgelistet, in denen ausländische Investitionen einer Genehmigung bedürfen, u.a.:

  • Kritische Infrastrukturen (einschließlich Energie, Verkehr, Wasser, Gesundheit, Kommunikation, Medien, Datenverarbeitung oder -speicherung, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Wahl- oder Finanzinfrastrukturen und sensible Einrichtungen) sowie Grundstücke und Immobilien, die für die Nutzung solcher Infrastrukturen von entscheidender Bedeutung sind;
  • Kritische Technologien und Güter mit doppeltem Verwendungszweck, einschließlich künstlicher Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Cyber-Sicherheit, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Energiespeicherung, Quanten- und Nukleartechnologien sowie Nanotechnologien und Biotechnologie;
  • Versorgung mit essenziellen Rohstoffen, insbesondere Energie und Lebensmittel;
  • Sektoren mit Zugang zu sensiblen Informationen, insbesondere persönlichen Daten, oder mit der Fähigkeit, solche Informationen zu kontrollieren; und
  • Kommunikationsmedien.

Aus der obenstehenden Auswahl wird ersichtlich, dass die Beschreibung der umfassten Sektoren teilweise sehr offen und vage ausfällt. Dies wird insbesondere am Beispiel der „Sektoren mit Zugang zu sensiblen Informationen, insbesondere zu persönlichen Daten“ deutlich. Spätestens seit Einführung der DSGVO ist jedem Unternehmer klar: In der digitalisierten Wirtschaft gibt es wohl nur wenige Sektoren, die nicht in irgendeiner Weise Zugang zu persönlichen Daten haben. Daher gehen wir davon aus, dass die Behörden hier eine eher restriktive Auslegung vornehmen werden.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob die neue Regelung Investitionen umfasst, die die genannten Sektoren nur am Rande betreffen. In Betracht käme beispielsweise der Erwerb eines spanischen Unternehmens dessen Zweigniederlassung in einem dieser Bereiche tätig ist.

Nach unserem Verständnis der Norm ist es gerade nicht erforderlich, dass die Tätigkeit in einem der aufgelisteten Sektoren das Hauptgeschäft des Investitionsobjekts darstellt. Daher unterliegen wohl auch solche Investitionen dem Erfordernis einer Genehmigung.

Genehmigungserfordernis für bestimmte Investoren

Der dritte Absatz des neu eingefügten Art. 7 bis sieht vor, dass Investitionen in Spanien von bestimmten ausländischen Investoren immer der Genehmigung bedürfen, unabhängig davon, ob in einem sicherheitsrelevanten Sektor investiert wird, u.a.:

  • Investoren, die mittelbar oder unmittelbar durch eine Regierung eines Drittstaats, einschließlich deren Körperschaften oder Streitkräfte, kontrolliert werden;
  • Investoren, die in einem anderen Mitgliedstaat Investitionen getätigt oder sich an Aktivitäten in Sektoren beteiligt haben, die die öffentliche Sicherheit und die Ordnung sowie die öffentliche Gesundheit in einem anderen Mitgliedstaat betreffen, insbesondere oben genannte Sektoren; oder
  • Investoren, gegen die in einem anderen Mitgliedstaat oder im Herkunftsstaat oder in einem Drittstaat ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren wegen krimineller oder illegaler Aktivitäten eingeleitet wurde.

Ausnahmen und Übergangsregelungen

Mit dem RD 11/2020 wurden eigene Übergangsregelungen für Investitionen hinzugefügt, die zwar bereits vor Einführung der neuen Regelung angestoßen, bisher aber noch nicht abgeschlossen waren. Sie sehen ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren für Transaktionen vor, bei denen nachweisbar eine Vereinbarung oder ein verbindliches Angebot vorliegt, dass das Volumen der Investition vor dem Inkrafttreten RD 08/2020 bestimmte oder bestimmbar machte.

Außerdem wurde eine Ausnahmeregelung für ausländische Investitionen in Spanien geschaffen, deren Wert unter 1 Millionen Euro liegt. Investitionen, die den Erwerb einer ausländischen Muttergesellschaft mit einer Niederlassung in Spanien zum Gegenstand haben, unterliegen demnach nur dann dem Genehmigungserfordernis, wenn auch der Anteil des Investitionswertes, der auf die spanische Filiale entfällt, die genannte Schwelle überschreitet.

Folgen einer Ablehnung der Genehmigung

Die Folgen einer Ablehnung bzw. des fehlerhaften Nichteinholens einer notwendigen Genehmigung sind weitreichend sowie zivilrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Natur.

Das Rechtsgeschäft ist einerseits unwirksam, was – zumindest für die Teile der Transaktion, die spanischem Recht unterliegen – zur notwendigen Rückabwicklung führen muss. Eine nachträgliche Legalisierung mag möglich sein, ob es jedoch tatsächlich dazu kommt, wird man in der Praxis abwarten müssen.

Dies kann insbesondere bei komplexen internationalen Unternehmenstransaktionen dazu führen, dass der Erwerb der (beispielsweise luxemburgischen) Holding nach dortigem nationalem Recht wirksam ist, der Erwerb der spanischen Tochtergesellschaft nach spanischem Recht von den spanischen Behörden jedoch als nichtig betrachtet wird. Denkbar ist, dass in solchen Fällen beispielsweise die Eintragung des Erwerbers der Holding ins spanische Handelsregister verweigert wird.

Auf verwaltungsrechtlicher Ebene stellt eine ausländische Investition ohne Genehmigung ein schweres Vergehen dar, das mit einer Geldstrafe bis zur Höhe des Volumens der angestrebten Investition sowie einer öffentlichen Verwarnung geahndet werden kann.

Zusammenfassung

Wie oben gezeigt, bestehen bei der Auslegung des Geltungsbereichs des neuen Investitionsrecht in Spanien vielfältige Unklarheiten, deren Auflösung noch abgewartet werden muss. Nach unserer Erfahrung dürften die Behörden diese Regel in der Praxis jedoch weit auslegen. Ausländischen Investoren in Spanien ist daher, wie in ähnlich gelagerten Fällen in der Vergangenheit, in jedem Fall zu empfehlen, bei etwaigen Zweifeln eine Genehmigung ad cautelam zu beantragen.

Des Weiteren wurden beide Gesetze mit einer Gültigkeitsdauer von einem Monat nach dem Ende des Alarmzustandes erlassen. Dieser endete in Spanien am 21. Juni 2020. Eine abschließende Regelung nach Ablauf der Monatsfrist wurde noch nicht erlassen, ist aber kurzfristig zu erwarten, zumal es schon 2019 einen dahingehenden Gesetzesentwurf gab. Angesichts der protektionistischen Tendenzen rund um den Globus wird man auch in Spanien mit der Rückkehr zur („neuen“) Normalität mit strengeren Regelungen für ausländische Investitionen rechnen und Investitionen klug und voraussehend planen müssen, vor allem da aufgrund evtl. notwendiger Genehmigungen die Investition zumindest verzögert werden könnte.