Das Katasteramt
Das spanische Katasteramt („Catastro Inmobiliario“) ist ein verwaltungsrechtliches Register, das dem Finanzministerium und dem Ministerium der öffentlichen Verwaltung („Ministerio de Hacienda y Función Pública“) unterstellt ist. Die gesetzliche Regelung dieser Institution findet sich in erster Linie im Königlichen Gesetzesdekret 1/2004, vom 5. März, des spanischen Katasteramtsgesetzes (“Real Decreto Legislativo 1/2004, de 5 de marzo, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Catastro Inmobiliario”) wieder.
Zu beachten ist, dass die im Katasteramt hinterlegten Daten allgemein nicht von Amts wegen aktualisiert werden. Vielmehr müssen jegliche Änderungen von den jeweiligen gesetzlich Verantwortlichen – d.h., im Regelfall den Eigentümern spanischer Immobilien – innerhalb von 2 Monaten gemeldet werden. Dies trifft allerdings allgemein nur auf Umstände wie Eigentümerwechsel, Veränderungen der vorhandenen Bebauung, etc., zu. Nicht hingegen, soweit es die Zuteilung eines katasterrechtlichen Wertes selbst angeht, wofür grundsätzlich der Staat die Verantwortung trägt. Allerdings kommt es dann im Zuge solcher faktischer Veränderungen der vorhandenen Bebauung auch zu einer Neufestlegung des Katasterwertes.
Der Katasterwert
Der spanische Katasterwert („Valor Catastral“) einer in Spanien gelegenen Immobilie setzt sich zum einen aus den Werten des Bodens und zum anderen der vorhandenen Bebauung (Office-Gebäude, Industriehalle, Wohnhaus, sonstige Anbauten, etc.) eines Grundstücks zusammen. Dieser wird grundsätzlich für jede Immobilieneinheit, sprich Grundbucheinheit, einzeln festgelegt, wobei sich die Aufschlüsselung aus den im Katasteramt angegebenen Daten der Immobilie ergibt. Jeder Eigentümer hat das Recht, einen vollständigen Katasterauszug anzufordern, aus denen sich die besagten Daten ergeben.
Zweck des Katasterwertes
Dem Katasterwert kommt heutzutage hauptsächlich fiskalischer Charakter zu. Er dient vor allem als Ausgangs- bzw. Basiswert, um verschiedene spanische Steuerarten zu berechnen, wie die
- Grundsteuer („Impuesto sobre Bienes Inmuebles“, kurz IBI) und Müllabgaben („Tasa de basuras“)
- die Wertzuwachssteuer („Impuesto sobre el Incremento del Valor de los Terrenos de Naturaleza Urbana“, kurz IIVTNU, auch Plusvalía genannt)
- die Einkommenssteuer von Nichtresidenten („Impuesto sobre la Renta de no Residentes, kurz IRNR“)
- die Vermögenssteuer („Impuesto sobre el Patrimonio“, kurz IP)
- die Erbschaftssteuer („Impuesto sobre Sucesiones“, kurz ISD)
- die Stempelsteuer („Impuesto sobre Transmisiones Patrimoniales y Actos Jurídicos Documentados“, kurz ITPAJD)
Berechnung des Katasterwertes
Das genaue Bewertungsverfahren wird im zuvor benannten Königlichen Gesetzgebungsdekret 1/2004 und Nebenverordnungen geregelt. Das Katasteramt erstellt sogenannte Wertetabellen („Ponencia de Valores“) für jede Gemeinde aus, in denen die Kriterien, Bewertungsbedingungen und allgemeinen Gesichtspunkte städtischer Planung festgelegt werden. Ausnahmsweise können jedoch auch Wertetabellen erstellt werden, die über die Gemeindegrenzen hinausgehen.
Anhand dieser Wertetabellen berechnet sich der Katasterwert der jeweiligen Immobilieneinheiten, welcher jedoch nie höher als der Marktwert der Immobilie ausfallen darf. Der Marktwert der Immobilie stellt also eine Obergrenze für die Höhe des Katasterwerts dar. Sofern ein Eigentümer einer spanischen Immobilie, gleich ob es sich um Wohnungseigentum oder um ein gewerbliches Objekt handelt, der Auffassung ist, dass der im Katasteramt hinterlegte Wert über dem Marktwert liegen sollte, so kann er, u.a. unter Vorlage eines Wertgutachtens eines staatlich registrierten Gutachterunternehmens, ein verwaltungsrechtliches Berichtigungsverfahren durchführen.
Das Königliche Gesetzesdekret enthält zudem die maßgeblichen Kriterien, welche in jeder Wertetabelle einbezogen werden müssen. Es handelt sich resümiert um Folgende:
- Lage der Immobilien; städtebauliche Parameter bezogen auf den Grund und Boden, sowie das Nutzungspotential;
- Kosten der materiellen Ausführung von Bauten; Gewinnabschöpfung aus dem Bauprozess; Gebühren und Steuern, die auf den Gebäuden lasten; Nutzung, Qualität und Gebäudealter, sowie ggf. der historisch-künstlerische Charakter oder andere relevante Eigenschaften der Gebäude;
- Produktionskosten und Gewinne aus der Bauaktivität oder entsprechende Faktoren für den Fall, dass eine solche nicht vorliegt;
- Marktentwicklung und Marktwerte, und
- jegliche andere relevante Faktoren, die mittels Verordnung bestimmt werden können.
Das Bewertungsverfahren
Die Bewertung der Immobilien kann allgemein auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen, entweder durch individuelles oder aber durch ein kollektives Bewertungsverfahren.
Das individuelle Bewertungsverfahren kommt zur Anwendung, wenn die Immobilie zum ersten Mal im Katasteramt eingetragen wird oder wenn eine Änderung – wie oben gesehen – nur an dieser Immobilieneinheit erfolgt, z.B. Anmeldung eines Erweiterungs- oder Umbaus. Ziel der individuellen Bewertung ist es, den Katasterwert nur einer bestimmten Immobilieneinheit im Einklang mit den neuen Kriterien zu aktualisieren.
Das kollektive Bewertungsverfahren wird hingegen angewendet, wenn eine Vielzahl von Immobilien substantielle Unterschiede zwischen dem Marktwert und den Basiswerten aufweisen, die der Bestimmung des gegenwärtigen Katasterwertes dienen. Zweck dieses Bewertungsverfahrens ist es den Katasterwert den aktuellen Gegebenheiten (Marktwert) anzupassen.
Aktualisierung der Katasterwerte
Durch die jährlichen Haushaltsgesetze des Staates („Presupuestos Generales del Estado“) können die Katasterwerte angepasst werden, indem bestimmte Koeffizienten zur Aktualisierung angewendet werden. Diese werden mit dem bis dahin aktuellen Katasterwert multipliziert, um auf diesem Weg den aktualisierten Wert zu erhalten. Diese Koeffizienten können für verschiedene Gemeinden oder Arten von Immobilien durch Verordnung unterschiedlich bestimmt werden.
Unter gewissen Voraussetzungen kann der Katasterwert von städtischen Immobilien einer Gemeinde ebenso durch die allgemeinen Haushaltsgesetze aktualisiert werden, indem man Koeffizienten nach dem Jahr des Inkrafttretens der entsprechenden Wertetabellen der Gemeinden anwendet.
Aktuelle Entwicklungen in Barcelona
Gerade wurden neue Wertetabellen für die Stadt Barcelona veröffentlicht, die im Januar 2018 in Kraft treten sollen.
Die Stadt hatte die Überarbeitung der Katasterwerte verlangt, weil die Werte seit 15 Jahren nicht mehr angepasst wurden und es inzwischen erhebliche Unterschiede zwischen den Marktwerten und den für die Bestimmung der gegenwärtigen Katasterwerte heranzuziehenden Basiswerten gab.
Diese Wertetabellen sehen einen durchschnittlichen, nicht unerheblichen Zuwachs von im Durchschnitt 20% des Katasterwertes vor, was die verschiedenen Steuerarten, die auf der Basis dieses Wertes berechnet werden, bedeutend beeinflussen wird. Nichtsdestotrotz gibt es eine Vielzahl an Immobilien, die in Anwendung dieser neuen Wertetabelle überbewertet sind. Auch wenn durchschnittlich der Katasterwert um 20% steigen soll, schätzen Experten, dass bei 40% der Immobilien der Katasterwert im Ergebnis sogar niedriger ausfallen wird.
Auch andere Gemeinden und Städte haben die Überarbeitung der Katasterwerte verlangt. Auch dort sollen neue Wertetabellen erstellt werden. Andererseits befindet sich derzeit die sogenannte Katasteramnestie noch in Kraft, über die Sie hier mehr erfahren können.
Empfehlung bei Mitteilung von neuen Katasterwerten
Die häufig verschleppte Aktualisierung der Katasterwerte stellte in Boomzeiten des spanischen Immobilienmarkts insoweit kein negatives Faktum für viele Eigentümer dar, weil sie mit einer eher geringen Besteuerung einherging, welche sich nicht am Marktwert orientierte. Heutzutage ist es teilweise und in einigen Regionen sogar umgekehrt: Die während der vergangenen Krise durchgeführten Aktualisierungen wiesen auf einmal Werte aus, die sogar oberhalb des Marktwertes lagen. In jedem Fall ist es empfehlenswert, bei Mitteilung neuer Katasterwerte diese überprüfen zu lassen, sofern der Anschein nahe liegt, dass hier seitens der Verwaltung mit überhöhten Wertansätzen gearbeitet wurde. Die Auswirkungen auf die laufenden und auch transaktionsbezogenen Steuern sind durchaus erheblich.