Allerdings muss zunächst auf eine terminologische Feinheit hingewiesen werden. Die Erbschaftsteuer als solche wurde nicht abgeschafft – dafür fehlt den Autonomen Regionen bei dieser Steuer die Befugnis. Vielmehr hat dieses Gesetzesdekret für unentgeltlichen Übertragungen von Todes wegen (Erbschaften und Vermächtnisse) neue Steuervergünstigungen auf die zu zahlenden Erbschaftsteuer eingeführt.
Im Erbfall haben kraft der Neuerung nahe Verwandte, d.h. leibliche und adoptierte Kinder, Ehepartner und Eltern (auch Adoptiveltern), das Recht, eine 100%ige Steuervergünstigung anzuwenden. In der Praxis ist dadurch von diesen Personengruppen keine Erbschaftsteuer mehr zu zahlen.
Auch Geschwister, Onkel und Tanten, Neffen und Nichten sowie Schwager in auf- und absteigender Linie sind t können Vergünstigungen auf den Erbschaftsteuerbetrag nutzen. Hat der Erblasser keine direkten Nachkommen, können 50% des Steuerbetrages angerechnet werden, andernfalls beträgt die Vergünstigung 25%.
Um diese Vergünstigungen nutzen zu können, muss der in der Erbschaftsannahmeurkunde angegebene Wert der Immobilien ihrem tatsächlichen Wert entsprechen und darf diesen nicht übersteigen. Laut dem Gesetzesdekret ist dieser tatsächliche Wert entweder der Referenzwert der Immobilie gemäß Kataster (valor de referencia catastral) oder, gibt es keinen Referenzwert, der Marktwert.
Hier zeigt sich jedoch die wichtigste Problematik der Neuregelung: Für eine Anwendung der Vergünstigung muss in der Steuererklärung der Referenzwert angegeben werden. Dieser entspricht jedoch zuweilen nicht dem Marktwert, also dem Preis, den unabhängige Parteien für den Verkauf einer lastenfreien Immobilie am wahrscheinlichsten vereinbart hätten. In Fällen, in denen der Marktwert den Referenzwert erheblich übersteigt, würde der anzugebende Wert damit de facto gedeckelt und es würde ein signifikant niedrigerer Erwerbswert erklärt.
Relevant ist dieser niedrigere Erwerbswert für den Fall eines späteren Verkaufs der geerbten Immobilie zum Marktwert und die in diesem Rahmen zu zahlende Einkommensteuer. Denn diese fällt auf den Veräußerungsgewinn an, der sich, vereinfacht gesagt, als Differenz zwischen dem Veräußerungswert und dem Erwerbswert berechnet. Je größer diese Differenz, umso höher der zu zahlende Einkommensteuerbetrag.
Hinzukommt, dass in Spanien der Einkommensteuersatz im Allgemeinen viel höher ist als der jeweilige Erbschaftsteuersatz. Daher könnte sich in den Fällen, in denen die oben beschriebene Differenz erheblich ist, die Frage stellen, ob die Anwendung der Vergünstigung tatsächlich zielführend ist oder ob es besser wäre, auf diese zu verzichten.
Diese steuerliche Änderung gilt auch für nicht in Spanien ansässige Steuerpflichtige. Kraft der zweiten Zusatzbestimmung des staatlichen Gesetzes 29/1987 vom 18. Dezember zur Erbschaft- und Schenkungsteuer sind diese zur Anwendung der Regelungen der Autonomen Region der Balearen anstelle der staatlichen Regelung berechtigt, wenn sich dort der wertmäßig größte Anteil des Nachlassvermögens und der Nachlassrechte in Spanien befindet oder der Erblasser dort seinen letzten steuerlichen Wohnsitz hatte.
Eine zusätzliche Anmerkung zum Schluss: Die Erbschaft- und Schenkungsteuer in ihrer Modalität von unentgeltlichen Übertragungen unter Lebenden (Schenkungen) wurde nicht geändert.
Mit Blick auf eine Nachlassplanung sollten daher in jedem Fall die möglichen Optionen unter Berücksichtigung aller relevanten Steuern genau abgewogen werden.