Durch die aktuelle Entscheidung des spanischen obersten Gerichtshofs (Tribunal Supremo) wurde die spezielle Haftungsregelung des Geschäftsführers erneut aufgegriffen und insbesondere im Hinblick auf den Zeitraum des speziellen Haftungstatbestandes näher erläutert.
Im spanischen Kapitalgesellschaftsgesetz gibt es spezielle Haftungstatbestände, für welche der Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft (administrador) haftet, ohne dass ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln vorliegen muss. In diesem Artikel geht es um den speziellen Haftungstatbestand, welcher besteht, wenn bestimmte gesetzlich normierte Auflösungsgründe vorliegen und der Geschäftsführer nicht die notwendigen Schritte zur Auflösung der Gesellschaft vornimmt (Art. 367 Ley de Sociedades de Capital/spanisches Kapitalgesellschaftsgesetz („LSC“)).
Die Auflösungsgründe werden im Gesetz detailliert dargestellt und aufgelistet (Art. 363 LSC). Beispielhaft sind die folgenden Situationen zu nennen: Die Tätigkeiten, welche den Gesellschaftszweck der Gesellschaft darstellen, werden nicht mehr ausgeübt; der Unternehmenszweck wurde erreicht oder es besteht ein finanzielles Ungleichgewicht.
In diesen Fällen ist der Geschäftsführer verpflichtet, innerhalb einer Frist von zwei Monaten die Gesellschafterversammlung einzuberufen, damit diese die Auflösung beschließt oder andere Maßnahmen ergreift, um die Situation zu beheben. Der Geschäftsführer ist ebenfalls verpflichtet, die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft zu beantragen, falls sich die Gesellschafterversammlung trotz Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gegen eine Auflösung bzw. entsprechende Gegenmaßnahmen ausspricht oder eine Einigung nicht erzielt werden kann.
Ab dem Tag, an dem der Geschäftsführer nicht innerhalb von zwei Monaten die Gesellschafterversammlung einberuft oder, falls notwendig, nicht die gerichtliche Auflösung innerhalb von weiteren zwei Monaten beantragt, haftet der Geschäftsführer gesamtschuldnerisch mit seinem privaten Vermögen.
Obwohl im Fall von mehreren Geschäftsführern diese gesamtschuldnerisch haften, ist der Zeitraum für jeden Geschäftsführer einzeln zu betrachten. Das oberste spanische Gericht stellt klar, dass die Frist von zwei Monaten für den einzelnen Geschäftsführer erst bei seiner Ernennung zum Geschäftsführer zu laufen beginnt. Der Geschäftsführer hat zwei Monate Zeit, mögliche bestehende gesetzliche Auflösungsgründe zu erkennen und die Gesellschafterversammlung einzuberufen. Wenn diese Zeit vorbei ist, haftet er gesamtschuldnerisch mit den anderen Geschäftsführern. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, den Geschäftsführer auf Basis dieses speziellen Haftungstatbestands zu belangen, wenn der Schaden des Drittens vor dem Ablauf der genannten Fristen entstanden ist. Erst durch den Ablauf der gesetzlichen Frist, welcher rein objektiv betrachtet wird, kann ihm zum Vorwurf gemacht werden, dass er nicht richtig gehandelt hat.
Der Zeitraum, in dem der Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft nach dem dargestellten speziellen Haftungstatbestand haftet, liegt zwischen dem Ablauf der genannten gesetzlichen Fristen des Geschäftsführers und seiner Abberufung als Geschäftsführer. Nach der Abberufung kann er für neu entstandene Schäden durch die Gesellschaft gegenüber Dritten aufgrund des speziellen Haftungstatbestandes nicht haftbar gemacht werden. Davon ausgenommen sind selbstverständlich andere Haftungstatbestände des spanischen Gesellschaftsrechts.
Aus diesen Gründen ist es sehr wichtig, als Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft in den ersten zwei Monaten nach der Ernennung umfassend die Aktivitäten und die Wirtschaftszahlen der Gesellschaft im Hinblick auf die gesetzlichen Auflösungsgründe zu analysieren, um zu verhindern, dass nach zwei Monaten eine persönliche Haftung durch den speziellen Haftungstatbestand des spanischen Kapitalgesellschaftsgesetz entsteht.
Weitere Informationen: Susanne Dumke