Erlaubte Nutzungen für nicht erschlossenen Boden in Spanien

Veröffentlicht am 04.03.2021

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie und dem hierdurch gesteigerten Bedarf an freien Flächen und Rückzugsmöglichkeiten, besteht in Spanien ein großes Interesse zur erweiterten Nutzung ländlicher Gebiete. Die Nutzungsmöglichkeiten für diese noch nicht erschlossenen bzw. nicht erschließbaren Flächen sind jedoch gesetzlich begrenzt, so dass fraglich ist, ob eine Verlagerung von Aktivitäten und Wohnraum in diese Gebiete möglich ist. Welche Nutzungen für ländliche Flächen vor dem Hintergrund einer etwaigen Investitionsentscheidung möglich bzw. sinnvoll sind, soll Gegenstand des vorliegenden Artikels sein.

Welche Arten von Böden bzw. Grundstücken existieren in Spanien?

Grundsätzlich werden in Spanien zwei Arten von Böden und Flächen unterschieden: Erschlossener Boden (suelo urbanizado) sowie „ländlicher“ bzw. nicht erschlossener Boden (suelo rural). Unter erschlossenen Boden fallen hierbei ausschließlich solche Flächen, deren Erschließung vollständig abgeschlossen ist, die an das Versorgungsnetz angeschlossen sind sowie alle diesbezüglich gesetzlich auferlegten Pflichten erfüllen.

Der nicht erschlossene Boden wird laut Gesetz in zwei Kategorien unterteilt: Zum einen der einer Erschließung zugängliche Boden (suelo urbanizable) sowie zum anderen der nicht erschließbare bzw. landwirtschaftliche Boden (suelo rústico/no urbanizable).

Die konkreten Begrifflichkeiten und Konzepte hinsichtlich des Schutzes von Böden und Flächen richten sich hierbei nach den Vorschriften der verschiedenen Autonomen Gemeinschaften Spaniens (insgesamt 17), denen diesbezüglich die Gesetzeskompetenz zur Raumordnung zukommt.

Boden Kategorien Spaniena) Erschließbarer Boden (suelo urbanizable) 

Die Anforderungen bzw. Pflichten und Voraussetzungen, die zu erfüllen sind, damit erschließbarer Boden zu erschlossenem Boden werden kann, werden durch die städtebaulichen Vorschriften der gemeindlichen Bauplanung bestimmt. Bezüglich dieser Flächen bestehen daher größere Möglichkeiten zur Gestaltung.

b) Nicht erschließbarer Boden (suelo no urbanizable/rústico)

Bei den als nicht erschließbar deklarierten Böden handelt es sich um Flächen, die aufgrund ihres Wertes für Landschaft, Natur oder Umwelt oder als Teil des öffentlichen Eigentums (dominio publico), worunter z.B. Küsten, Gebirge oder Straßen fallen, nicht in erschließbaren Boden umgewandelt werden können.

Die Einordnung kann sich hierbei aus der gemeindlichen Bauplanung oder aber aus höherrangigen Gesetzen auf Ebene der Autonomen Gemeinschaften oder des Staates ergeben, wie z.B. dem Küstengesetz oder dem Gesetz geschützter Naturgebiete.

Der nicht erschließbare Boden wird dann in weitere Unterkategorien und Schutzgrade unterteilt:

  • Besonders geschützter Boden (suelo no urbanizable de especial protección): Für die Eigentümer derartiger Flächen sehen die Gesetze konkrete Pflichten zur Sicherstellung des Schutzes des Bodens und der Erhaltung der natürlichen Werte und Merkmale des geschützten Grundstücks vor.
  • Gewöhnlicher nicht erschließbarer Boden (suelo no urbanizable común): Zwar ist für diese Böden auf Grundlage der Bauplanung keine Erschließung möglich, sie unterliegen aber auch keinen besonderen Schutzregelungen, so dass verschiedene Aktivitäten, Anlagen und Gebäude im Einklang mit den gemeindlichen Vorschriften gestattet sind.

Welche Aktivitäten sind auf nicht erschließbarem Boden gestattet?

Diese Frage hängt wiederum von den spezifischen Regelungen der einzelnen 17 Autonomen Gemeinschaften ab, d.h. es kommt entscheidend darauf an, in welcher Gemeinschaft sich das Grundstück befindet.

Dessen ungeachtet, bestehen Gemeinsamkeiten zur Ausgestaltung der nicht erschließbaren Böden durch die Autonomen Gemeinschaften. Diese können als Orientierungshilfe dienen, um sich einen Überblick zu verschaffen, welche sektorspezifischen und städtebaulichen Regelungen ggf. vorliegen bzw. zu erwarten sind.

Besonders geschützt sind insbesondere solche Böden, deren natürliche Charakteristika, Begebenheiten und Merkmale schützenswert sind. Unter diese Merkmale fallen z.B. die Landschaft, Umwelt, Kultur- oder landwirtschaftliche Güter.

Gleiches gilt in Spanien für Küsten- und Ufergebiete, deren Schutzgrad von der Entfernung dieser Böden zu den jeweiligen Wasserflächen abhängt (je näher am Wasser, desto strenger die Schutzvorschriften). So bestehen innerhalb des durch das Küstengesetz besonders geschützten Bereichs mehrere Unterabschnitte, in denen in Abhängigkeit von den sektorspezifischen Vorschriften unterschiedliche Aktivitäten und Bauten gestattet sein können.

Oftmals wird auch verlangt, dass die Nutzung einem bestimmten öffentlichen Interesse dient bzw. einen bestimmten Zweck verfolgt, wie z.B. sozialer Nutzen, allgemeiner Nutzen für die Öffentlichkeit oder Bevölkerung, o.ä.

a) Nutzung gewöhnlicher nicht erschließbarer Böden

Die meisten diesbezüglichen Vorschriften gestatten eine große Bandbreite an Aktivitäten im Zusammenhang mit der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, Viehzucht, Bergbau, Jagd, sowie Sport und ländlichem Tourismus, etc.

b) Nutzung besonders geschützter nicht erschließbarer Böden 

Die Nutzungseinschränkungen dieser Flächen richten sich vorrangig nach dem Schutzzweck der jeweils geltenden Vorschriften. So können beispielsweise bestimmte Berggebiete geschützt sein, weil dort eine bedrohte Tierart heimisch ist. In diesem Falle soll die Vorschrift dann dem Erhalt dieser Tierart oder einer Erholung der Bestände dienen, so dass den Eigentümern der betroffenen Grundstücke diejenigen Aktivitäten und Nutzungen untersagt sind, die die Fauna bzw. den Lebensraum und die Nahrungsgrundlage dieser Tierart beeinträchtigen könnten.

Aus diesem Grunde können Nutzungen, die die zu schützenden Werte und Charakteristika der Flächen nicht angreifen, gestattet sein, wie z.B. der Betrieb eines Hotels, insbesondere dann, wenn die Nutzung der Erhaltung und Erlebbarmachung der Charakteristika dient oder zugutekommt.

Errichtung von Gebäuden auf nicht erschließbaren Böden

Grundsätzlich ist die Errichtung von Gebäuden auf nicht erschließbaren Flächen stark eingeschränkt. Sofern jedoch die Aktivitäten, für die eine Gebäude genutzt wird, das Gebiet und seine Umgebung nicht beeinträchtigen und die gemeindlichen Bestimmungen zu Gebäudevolumen und -ästethik eingehalten werden, besteht die Möglichkeit Gebäude auf Grundlage der jeweiligen Bauplanung zuzulassen.

In vielen Gebieten wurden über Jahre rechtswidrig Gebäude errichtet und große Flächen, für die keine Infrastruktur geplant war und für die auch nicht die entsprechenden Genehmigungen vorlagen, einer städtebaulichen Umwandlung unterzogen.

Allgemein gilt, dass Gebäude, die bereits seit mehreren Jahren bestehen und bezüglich derer die rechtswidrige Errichtung nicht mehr verfolgt werden kann und auch keine Verpflichtung zum Abriss besteht, erhalten werden können. Allerdings dürfen an diesen Gebäuden keine Erweiterungsarbeiten oder werterhöhende Verbesserungsarbeiten vorgenommen werden, da die Gebäude als „nicht von der Baurechtsordnung umfasst“ gelten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass für nicht erschließbare Böden grundsätzlich Beschränkungen für die Errichtung und Nutzung von Gebäuden bestehen, diese jedoch – zusammen mit Infrastrukturmaßnahmen, wie z.B. der Anschluss an die Strom- oder Wasserversorgung – bei Erfüllen bestimmter Voraussetzungen gestattet werden können.

Bevor eine Entscheidung getroffen wird, ob eine Investition in Flächen, die als nicht erschließbar ausgewiesen sind, sinnvoll sein kann, sollten aus diesem Grunde die konkret auf das Grundstück anwendbaren Verwaltungsanforderungen für eine gewerbliche Nutzung oder die Verwendung als Wohnraum geprüft werden.