Fast zwei Jahre nach der Mietrechtsreform von 2013 hat der spanische Gesetzgeber nun erneut durch das Gesetz 2/2015 (Gesetz zur Desindexierung der spanischen Wirtschaft) Veränderungen im Mietrecht vorgenommen. Konkret betroffen von der Reform ist die Vorschrift zur Anpassung der Wohnraummieten; Art. 18 des Gesetzes über städtische Mietverhältnisse („Ley 29/1994, de 24 de noviembre, de Arrendamientos Urbanos“, im Folgenden „LAU“).
Nach der bisherigen (d. h. der bis einschließlich 31. März 2015 geltenden) Rechtslage erfolgte die Anpassung – bei Fehlen einer entsprechenden Regelung im Mietvertrag – anhand des spanischen Nationalen Index für Konsum (Indice de Precios de Consumo, kurz IPC), der mit dem deutschen Verbraucherpreisindex vergleichbar ist.
Der neu gefasste Art. 18 LAU sieht für die Wohnraummiete einerseits vor, dass keine Mietzinsanpassung erfolgt, sofern die Parteien dies nicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart haben. Für den Fall, dass zwar die Anpassung des Mietzinses vertraglich vorgesehen ist, jedoch kein konkreter Mechanismus für diese Anpassung festgelegt wird, erfolgt diese nun anhand des Index zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit (Indice de Garantía de Competitividad, kurz IGC). Er wird monatlich vom spanischen Nationalen Institut für Statistik (INE) berechnet und veröffentlicht.
Der neue Index geht von dem harmonisierten Index für den Konsum in der Eurozone aus. Dieser wird dann korrigiert unter Anwendung eines Faktors, der der gesunkenen Wettbewerbsfähigkeit Spaniens in den vergangenen Jahren Rechnung trägt. Darüber hinaus findet eine Begrenzung sowohl nach oben als auch nach unten statt: Wenn die Veränderung des harmonisierten Index für die Eurozone unter 0 % liegt, so wird dieser Wert als Referenz für den spanischen IGC herangezogen (es findet dann also keine Anpassung statt). Übersteigt die Veränderung des harmonisierten Index dagegen das von der Europäischen Zentralbank festgelegte Ziel der jährlichen Inflation (derzeit 2 %), wird der Wert von 2 % als Referenz genommen. Demzufolge kann die jährliche Anpassung des Mietzinses – bei fehlender Bezugnahme im Vertrag auf einen konkreten Anpassungsmechanismus – nur innerhalb der genannten Grenzen (0-2%) erfolgen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Verträge, auf die der neue Index Anwendung findet, zur Gewährleistung des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft beitragen.
Sowohl das Gesetz 4/2013 als auch das Gesetz 2/2015 haben die bis dato anwendbaren Anpassungssysteme weiter gelten lassen, so dass auf Altmietverträge für Wohnraum die gesetzliche Anpassungsregelung anzuwenden ist, die zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses galt. Mit der Einführung der neuen Regelung, die am 1. April 2015 in Kraft getreten ist, sind somit nun drei verschiedene Anpassungssysteme für spanische Wohnraummietverträge vorhanden, deren Anwendung vom Datum des jeweiligen Vertragsabschlusses abhängt:
a) Mietverträge, die ab dem 1. April 2015 abgeschlossen worden sind:
Die jährliche Mietzinsanpassung setzt – wie bereits erwähnt – eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien voraus. Ist die Anpassung also nicht im Vertrag vorgesehen, so kann sie nicht erfolgen.
Sofern die Vornahme der Mietzinsanpassung vertraglich vereinbart wurde, erfolgt sie entsprechend dem frei vereinbarten Anpassungssystem. Sollte jedoch kein konkretes Anpassungssystem vereinbart worden sein, findet die jährliche Anpassung anhand der Variation des neuen Index für die Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit (IGC) statt.
b) Mietverträge, die zwischen dem 6. Juni 2013 und dem 31. März 2015 abgeschlossen worden sind:
Die bis einschließlich 31. März 2015 geltende Fassung des Art. 18 LAU sah vor, dass die Parteien den Mietzins jährlich anpassen können. Es ist somit keine vertragliche Vereinbarung notwendig, damit eine Anpassung erfolgen kann. Sofern eine der Parteien die Anpassung des Mietzinses fordert, erfolgt diese gemäβ der insoweit getroffenen vertraglichen Vereinbarung. Für den Fall, dass die Parteien kein Anpassungssystem vereinbart haben, erfolgt die Anpassung anhand der Variation des spanischen Nationalen Index für Konsum (IPC).
c) Mietverträge, die zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 5. Juni 2013 abgeschlossen worden sind:
Auch der bis zum 5. Juni 2013 geltende Art. 18 LAU sah vor, dass die Parteien den Mietzins jährlich anpassen können, ohne dass eine ausdrückliche Vereinbarung notwendig ist.
Für den Fall, dass eine der Parteien die Anpassung des Mietzinses durchführen möchte, ist zu differenzieren: Während der ersten fünf Jahre der Vertragslaufzeit kann die Anpassung lediglich jährlich gemäβ der Schwankung des IPC erfolgen. Ab dem sechsten Jahr kann sie gemäβ der vertraglichen Vereinbarung erfolgen und – sollten die Parteien keine Vereinbarung getroffen haben – wiederum anhand des IPC.
In spanischen Gewerbe- und Büromietverträgen, auf welche Art. 18 LAU, wie bereits gesagt, nicht anwendbar ist, ist die Anpassung des Mietzinses weiterhin frei verhandelbar. Üblicherweise wird der Mietzins jährlich gemäß der Schwankung des IPC angepasst, wobei für längere Verträge des Öfteren ebenfalls eine Anpassung an den marktüblichen Mietzins nach Ablauf einer bestimmten Laufzeit vereinbart wird.
Madrid, den 29. September 2015 – Mónica Regaño Aguirre / Sven H. Haumesser
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