1. Gesetzlicher Rahmen
Auf nationaler Ebene wurden die zu der vorliegenden Thematik gehörenden Bestimmungen der Art. 17 ff. des Königlichen Dekrets 8/2011, vom 1. Juli (“Real Decreto-ley 8/2011, de 1 de julio”) zwischenzeitlich durch die Vorschriften des Gesetzes 8/2013, vom 26. Juni, über die Erneuerung, Regenerierung, Renovierung der Städte (“Ley 8/2013, de 26 de junio, de rehabilitación, regeneración y renovación urbanas”) ersetzt, welches am 28. Juni 2013 in Kraft trat. Darüber hinaus hat dieses spanienweit geltende Gesetz den auf der Ebene der autonomen Gebietskörperschaften bereits existierenden Regelungen gewissermaßen einen übergreifenden Rahmen gegeben.
Im Abschnitt I.- Artikel 4 bis 6, in Verbindung mit der ersten Übergangsvorschrift („disposición transitoria primera“) des besagten Gesetzes 8/2013, ist unter anderem geregelt, dass Gebäude – nicht Einfamilienhäuser – die älter als 50 Jahre sind und unter anderem Wohnzwecken dienen, innerhalb von maximal 5 Jahren nach Erreichen der genannten Altersgrenze einer technischen Überprüfung unterzogen werden müssen, um den gesetzlich vorgeschriebenen Bauzustand zu sichern. Gleiches gilt für den Fall, wenn die Eigentümer bspw. öffentliche Subventionen zur Gebäudesanierung beantragen wollen. Wichtig ist, dass laut Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes 8/2013 u.a. Hotelgebäude und Pensionen, etc., Wohngebäuden gleichgestellt werden und somit ebenso in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.
Darüber hinaus sind die autonomen Gebietskörperschaften berechtigt, allgemein strengere Anforderungen zu stellen, sowie den Anwendungsbereich der betroffenen Gebäude insgesamt auszuweiten oder aber die besagte Altersgrenze von Gebäuden herabsetzen. Im Übrigen sind sie dazu aufgerufen, die Details der Überprüfung und die verwaltungstechnischen Aspekte festzulegen. Auch den Gemeinden steht im Rahmen der gesetzlichen Rahmenvorschriften eine gewisse Handlungsfreiheit zu.
2. Bericht zur Bewertung des Gebäudes („Informe de Evaluación del Edificio“ – kurz IEE)
Der sog. Bericht zurBewertung des Gebäudes („Informe de Evaluación del Edificio“ – kurz IEE) umfasst hierbei drei wesentliche Elemente und darf nur von entsprechend qualifizierten, technischen Sachverständigen des Bauwesens durchgeführt werden:
- Bewertung des allgemeinen Erhaltungszustands des Gebäudes
- Bewertung der allgemeinen Zugänglichkeit des Gebäudes, insbesondere im Hinblick auf das Vorhandensein von behindertengerechten Einrichtungen
- Energiezertifikat („certificación de la eficiencia energética“) des Gebäudes gemäß den spezifischen gesetzlichen Vorschriften in diesem Bereich
Es geht somit im Kern um eine Überprüfung der Übereinstimmung des Gebäudes mit den gesetzlichen Anforderungen im Bereich Sicherheit, Gesundheit, Zugänglichkeit und um eine Einstufung der Energieeffizienz des Gebäudes insgesamt. Der Bericht muss in Abständen von 10 Jahren erneuert werden, sofern die autonomen Gebietskörperschaften oder Gemeinden keine kürzeren Perioden festlegen.
Sofern Gebäude aufgrund von Bestimmungen der autonomen Gebietskörperschaften oder Gemeinden bereits über einen sog. Bericht zur technischen Gebäudeüberprüfung („Informe de Inspección Técnica de Edificios“ – kurz ITE) verfügen sollten, der die zuvor genannten Elemente zum Erhaltungszustand sowie zur Zugänglichkeit des Gebäudes hinreichend abdeckt, so entfaltet der ITE-Bericht, zusammen mit dem dann noch erforderlichen Energiezertifikat des Gebäudes, dieselbe Wirkung wie der IEE-Bericht zur Bewertung des Gebäudes. In diesem Fall ist die nächste Überprüfung erst wieder nach maximal 10 Jahren erforderlich.
3. Reparaturpflichten, Bußgeldkatalog und Hinterlegung beim Sonderregister
Des Weiteren legt der Bericht gegebenenfalls diejenigen Erhaltungs- bzw. Reparaturpflichten und Fristen fest, die zum Zwecke der Einhaltung der gesetzlichen Maßstäbe erforderlich sind.
Die nicht frist- und formgerechte Umsetzung der Verpflichtung zur Erstellung des Berichts stellt ein Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften dar und wird im Einklang mit den entsprechend einschlägigen Vorschriften mit teilweise erheblichen Bußgeldern belegt. Unabhängig davon, kann die Verwaltung eine ersatzweise Gebäudeüberprüfung auf Kosten der Eigentümer androhen und diese nach Ablauf der Androhungsfrist durchführen lassen.
Zuletzt sind die Eigentümer verpflichtet, eine Kopie des Berichts an die zuständige staatliche Stelle – Hinterlegung beim dafür einzurichtenden Sonderregister – zu übermitteln, welche durch die autonome Gebietskörperschaft bestimmt wird. Ebenso müssen eventuelle Reparaturberichte an diese Stelle übermittelt werden, um den entsprechenden Nachweis der ordnungsgemäßen Durchführung derselben zu erbringen.
4. Beispiele von Regelungswerken in einigen autonomen Gebietskörperschaften
In Katalonien ist die ITE im Dekret 187/2010, vom 23. November („Decreto 187/2010, de 23 noviembre, sobre la inspección técnica de los edificios de viviendas“) geregelt, das zusammen mit dem Gesetz 18/2007, vom 28. Dezember, über das Recht auf eine Wohnung („Ley 18/2007, de 28 de diciembre, del derecho a la vivienda“) folgenden Fristenkalender vorsieht, wobei ggf. wiederum Unterschiede auf Gemeindeebene bestehen können:
Baujahr des Gebäudes Frist für die Gebäudeüberprüfung
Vor 1930 bis 31. Dezember 2012
1931 – 1950 bis 31. Dezember 2013
1951 – 1960 bis 31. Dezember 2014
1961 – 1970 bis 31. Dezember 2015
Ab 1971 bis 31. Dezember des Jahres, in dem das Gebäude 45 Jahre alt wird
Das Ergebnis der Überprüfung wird im ITE-Bericht festgehalten, der u.a. den Zustand des Gebäudes sowie eventuell festgestellte Mängel und gegebenenfalls Fristen zur Beseitigung der Mängel beinhaltet. Dieser Bericht stellt zudem die Grundlage für die Erteilung des sog. Zertifikats zur Eignung des Gebäudes („Certificado de Aptitud del Edificio“) dar, welches von der zuständigen Verwaltung ausgestellt wird. Das Zertifikat hat eine Gültigkeit von 10 Jahren.
Interessant ist zudem, dass Artikel 12 des besagten Dekretes 187/2010 die Pflicht des Immobilienverkäufers festlegt, dem Erwerber eine beglaubigte Kopie des besagten Zertifikats zu übergeben, sofern das Gebäude zur Überprüfung verpflichtet war. Anderenfalls muss der Käufer den Verkäufer von dieser Verpflichtung ausdrücklich freistellen. An dieser Stelle zeigen sich neben der wirtschaftlichen Bewertung einer nicht erfolgten Überprüfung, mit den ggf. daran gebundenen Reparaturpflichten, auch die gestiegenen formalen Beibringungspflichten der Parteien im Zusammenhang mit dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages.
In Madrid sind die entsprechenden Bestimmungen im Bodengesetz 9/2001, vom 17. Juli enthalten („Ley 9/2001 de 17 julio, del Suelo de la Comunidad de Madrid”):
Betroffen sind hier diejenigen Wohngebäude, die älter als 30 Jahre sind. Die technische Überprüfung muss alle 10 Jahre erneut durchgeführt werden.
Auf den Balearen gibt es wiederum keine einheitliche Regelung. Auf Palma de Mallorca ist die technische Überprüfungspflicht von Gebäuden bspw. in einer speziellenVerordnung geregelt („Ordenanza municipal sobre la inspección técnica de edificios“), die am 31.12.2008 in Kraft trat, wobei kürzlich eine neue Regelung verabschiedet worden ist, die in 2015 in Kraft treten soll:
Laut der bisherigen Regelung müssen Gebäude mit einem Alter von mehr als 25 Jahren über einen entsprechenden ITE-Bericht verfügen, der in regelmäßigen Abständen von 10 Jahren zu erneuern ist. Folgende Fristen zur Durchführung der technischen Überprüfung müssen eingehalten werden:
Baujahr des Gebäudes Frist für die Gebäudeüberprüfung
Vor 1900 bis 31. Dezember 2009
1900 – 1910 bis 31. Dezember 2010
1911 – 1930 bis 31. Dezember 2011
1931 – 1940 bis 31. Dezember 2012
1941 – 1950 bis 31. Dezember 2013
1951 – 1960 bis 31. Dezember 2014
1961 – 1965 bis 31. Dezember 2015
1966 – 1970 bis 31. Dezember 2016
1971 – 1980 bis 31. Dezember 2017
1981 – 1993 bis 31. Dezember 2018
Fazit
Die in diesem Artikel beschriebenen Regelungen schaffen somit ein staatlich angeordnetes Kontrollsystem von Gebäuden, welches in der Praxis, und je nach autonomer Gebietskörperschaft bzw. Gemeinde im Detail unterschiedlich ausgestaltet, für eine periodische, technische Überprüfung derselben im Hinblick auf die Einhaltung von Erhaltungs- und Sanierungspflichten Sorge tragen soll.
Die ohnehin bestehenden Instandhaltungspflichten von Gebäuden im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften über das Wohnungswesen, Bauordnung, Erhaltung als Kulturgut, Umwelt, Landschaftsbild und der Stadtplanung werden durch die Verpflichtung zur Durchführung von Sachverständigengutachten mit Anordnung konkreter Maßnahmen zwecks Mängelbeseitigung und Sanierung inhaltlich aufgewertet bzw. ergänzt. Bei Nichteinhaltung werden entsprechende Geldbußen verfügt, die parallel zu Ersatzvornahmen bestehen können.
Für Käufer und Investoren, nicht nur im Wohnungsbereich, ist es somit ratsam, das Kaufobjekt auch dahingehend zu prüfen, ob das Gebäude derzeit einer technischen Pflicht zur Überprüfung unterliegt und, wenn ja, ob diese bereits stattgefunden hat und mit welchem Ergebnis.